Ask the Gamer

Es ist eine Diskussion, die fast schon so alt ist, wie das moderne Gaming selbst: Sollten Videospiele teurer werden? Es gibt genügend Argumente, die dafür, aber auch dagegen sprechen. Und genau um diese Argumente, soll es in den folgenden Absätzen gehen. Denn zumindest eine Sache steht jetzt schon fest: Es muss sich etwas ändern. 

Um das Thema überhaupt angehen zu können, wird von folgendem Ist-Zustand ausgegangen. So lässt sich aussagen, dass eine Neuerscheinung 50 bis 60 Euro (ein Konsolenspiel bis zu 70 Euro) kostet. Wir betrachten dabei hauptsächlich den Mainstreammarkt und werden etwa Indie-Games später nur erwähnen. Im Fokus sollen Titel stehen, die einen AA bis AAA-Status innehaben und bei denen ein Publisher zum Beispiel EA Games oder Activision ausgemacht wird. Auch wird hierbei hauptsächlich der westliche Gamingmarkt betrachtet, insbesondere Europa und Nordamerika. Und auch wenn die 1990er Jahre eine durchaus wichtige Rolle spielten, konzentriert sich der Artikel hauptsächlich auf das neue Jahrtausend.

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Gamer sind schon ein verwöhntes Völkchen. Wir verfügen nicht nur über eine ziemlich große Auswahl an Optionen und können viele Stunden in unser liebstes Hobby stecken, wir können uns dies sogar relativ günstig ermöglichen. Vielleicht ist der Spielspaß nicht immer günstig, aber zumindest zahlen wir nicht immer mehr, je mehr Zeit vergeht. Der geneigte Kinogänger kann davon ein (trauriges) Lied singen. Noch Anfang der 2000er lag laut Statista der durchschnittliche Ticketpreis bei knapp 5,80€. 2018 musste man da schon durchschnittlich 8,50€ berappen. Und das meist nur, wenn man keine Sonderzuschläge, wie für 3D-Filme, Überlängenzuschlag und so weiter bezahlen musste. Einen Teil der Zusatzkosten gab es damals schlicht nicht und wenn heute alles zusammenkommt, dann zahlt der Kinobesucher doppelt so viel wie vor knapp 20 Jahren.

Wie sieht es mit Videospielen aus? In diesem Bereich gibt es ebenfalls eine leichte Steigerung in der Preisentwicklung zu beobachten. Doch viele Publisher halten schon seit Jahren und Jahrzehnten an dem typischen Preis von 60€ (bei Neuerscheinung) fest. Wie dieser Preis zustande kommt, ist an dieser Stelle erst einmal zweitrangig. Wichtig ist nur die scheinbare Stagnation. Eine Stagnation, die auch dem Forbes Magazin aufgefallen ist und die die Diskussionen um teurere Spiele vor über zwei Jahren wieder neu entfachten und vorantrieben. Speziell seit diesem Artikel („Video Games Should Be More Expensive“) häufen sich Argumente dafür und dagegen. Dabei lässt sich aber die gesamte Diskussion auf drei wesentliche Punkte herunterbrechen: Produktionskosten, wachsender Markt, die Spieler selbst. Exakt diese Punkte sollen genauer betrachtet werden

©Alex Haney

  1. Produktionskosten

Spiele werden hinsichtlich ihrer reinen Entwicklung immer teurer. Das sollte so ziemlich jedem bekannt sein. Schließlich werden mit jeder neuen Technologie, mit jeder neuen Generation neue Möglichkeiten eröffnet, die es aber erst einmal zu bearbeiten gilt. Allein die neueren Grafikgerüste müssen um zahlreiche neue Codezeilen ergänzt werden. Das kostet Zeit,  Geld und nicht selten extra Personal. Bestimmte Produkte könnten eingekauft werden, allerdings werden Lizenzen nicht selten teurer, je mehr Zeit verstreicht und je aufwendiger sie sind. Und die Kosten hören nicht bei der Grafikabteilung auf. Egal ob Sound, Gameplay oder Cinematographie, der Kunde will mehr: Mehr Neues, mehr Bombast, mehr Umfang. Stagnation kann sich der Gamingbereich nicht leisten, aber der Mehraufwand kostet eben auch zusätzliches Geld. Da kann es schon einmal sein, dass ein Spiel über 200 Millionen Dollar („GTA 5“) kostet oder sogar eine halbe Milliarde Dollar in eine Marke gesteckt wird(„Destiny“).

Auf der anderen Seite ist aber das Publishing günstiger geworden. Marketing ist um ein Vielfaches digitaler geworden. Plakatwerbung wird zwar von vielen Unternehmen immer noch fleißig betrieben, doch ist es nicht mehr so essentiell, wie ein gut geplanter Online-Auftritt. Damit gehen die großen Messeauftritte einher. Wozu einen großen Stand mieten, aufbauen und das dazugehörige Personal buchen, wenn ich den gleichen Effekt über Youtube und Hands-On-Videos erreiche? Da verwundert es kaum, dass immer mehr Publisher und Entwickler ihre Auftritte zurückfahren oder Messen wie die E3 gar komplett meiden. Marketing ist ein enormer Faktor für jede Produktion. Egal ob nun Film oder Spiel, es ist teuer und übersteigt nicht selten die reinen Produktionskosten. Hier gab es eine gravierende Veränderung. Jetzt wird einem einfachen Mausklick mehr Wirkung zugesprochen, als einem Plakat, das so groß ist, wie ein Fußballfeld.

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Die Digitalisierung sorgt nicht nur im Bereich Marketing für Einsparungen. Auch die Distribution wird einfacher. Wir leben in einer Zeit des Übergangs. Ein Übergang von Hardcopy zu digitalen Inhalten. Zwar wird es auch für die kommende Konsolengeneration die Spiele noch physisch zu kaufen geben, doch die Zeichen stehen eher schlecht für DVD, BluRay und Co. Microsoft hat bereits eine Discless-Version ihrer XBOX One herausgebracht und die Zeichen stehen auch für die X Series so, dass auf Hardware zunehmend verzichtet wird. Die digitalen Verkäufe von bestimmten Titeln haben schon seit einiger Zeit die physischen Versionen überholt. Auf dem PC ist es im Grunde schon eine Selbstverständlichkeit, sich die Spiele nur noch über die Launcher, wie Steam, Origin oder GOG zu holen. Nicht umsonst geht es Ketten, wie GameStop alles andere als gut und aus vielen Warenhäusern wurden die Entertainmentbereiche schon länger verbannt. Das ist bedauerlich für Verkäufer und Sammler, aber eine ordentliche Einsparung für Publisher. Vorbei sind die Zeiten, in denen große Mengen an Spieletiteln in alle Ecken der Welt verschifft und geliefert werden mussten. Vorbei ist der Aufwand, die Scheiben zu bespielen oder Manuels auszudrucken. Heutzutage finanzieren Anbieter einfach nur die Server, haben im Idealfall einen Onlinevertrieb/Launcher oder bezahlen Provision an große Anbieter wie Valve bzw. Steam.

Insgesamt betrachtet, ist die Produktion von Spielen ein ständiges Auf und Ab, was die Kosten angeht. Die Frage ist dabei nur, ob die Einsparungen im Bereich Marketing und Distribution, die explodierenden Kosten in der Entwicklung (im AAA-Bereich) kompensieren können. Denn am Ende ist es alles eine Frage des Personals und dieses wird nicht nur wegen der neuen Technologien immer größer, sondern auch teurer. Personalkosten steigen über höhere Gehälter und eben jenes Personal ist auch immer viel länger mit einem Spiel beschäftigt. Titel wie „God of War“ verschlingen dabei schon einmal gut und gerne fünf Jahre an Entwicklungszeit. Wird also an bestimmten Stellen Geld eingespart? Ja -reicht das aus? Wohl eher nicht.

©Ilya Pavlov

  1. Wachsender Markt?

Immer wieder hört man die Jubelrufe: Gaming ist nun im Mainstream angekommen und es ist keineswegs mehr abfällig als Nerd bezeichnet zu werden. Das Ankommen im Mainstream hat immer neue Superlative und zunehmende Vergleiche mit dem Kinomarkt zur Folge, der in Teilen bereits übertroffen wurde. Der Markt scheint also riesig und das Wachstum weit nach oben gerichtet. Doch entspricht das der Wahrheit? Das Problem oder das Glück (je nachdem wie man es betrachtet) des Markts, ist Mobile-Gaming. Allein durch diesen Bereich, springen die Umsätze ins Unermessliche. Allerdings werden viele Konsolen- und PC-Spieler protestieren und sich nur ungern mit Spielern am Handy vergleichen lassen. Denn am Ende kommt es auf die Frage an: Was ist Gaming? Wer darf sich als Gamer schimpfen? Reicht eine einfache Snake-App, um Teil des Gamingmarktes zu sein? Ist die liebe Omi, mit ihrem „Candy Crush“ als Gamer zu betrachten? An diesen Fragen scheiden sich die „Gamer“-Geister. Dahier aber ein bestimmtes Segment betrachtet werden soll (AAA-Titel/“Hardcoregamer“), können die Games für Smartphones, sowie jene die nur diese zum Zocken nutzen, ausgeschlossen werden.

Am Ende bleibt uns also „nur“ der PC- und Konsolenmarkt zur Betrachtung. Haben wir es dann weiter mit einem Wachstum zu tun? Ja und nein. Die Umsätze und Gewinne steigen mit Sicherheit an, aber eben nicht durch die Spiele als solches. Das Stichwort heißt hier „Monetarisierung“. Titel wie „Fortnite“, „League of Legends“ oder „Overwatch“ sind weiterhin in der Lage einen massiven Umsatz zu generieren, von dem die Filmbranche nur träumen kann. Doch was haben alle die Spiele gemein? Sie sind Onlinetitel. Jedes Mal, wenn Gamesindustry.biz oder IGN von neuen Rekordumsätzen sprechen, dann werden diese zu einem Großteil von Onlinespielen generiert. Das sind jene Titel, die sich über Jahre durch einen Ingame-Shop am Leben halten können. Ein Gewinn, von dem der Spielemarkt aber im Grunde nichts hat. Ganz im Gegenteil, durch den massiven Erfolg von Games mit Onlinefokus, überlegen es sich große Publisher natürlich zweimal, ob sie nicht in kleinere, aber dafür leicht zu monetarisierende Spiele investieren sollten. Obwohl in den letzten Jahren auch zahlreiche Einzelspielertitel, wie „The Witcher 3: Wild Hunt“, „God of War“ oder „The Legen of Zelda: Breath of the Wild“ mit Verkäufen glänzen konnten, sind sie hochgerechnet auf die Menge an erfolgreichen Onlinetiteln und deren Umsätze, nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Erfolg muss daher nicht immer teuer erkauft sein. Singleplayer sind daher mehr und mehr zu einem Risiko für Publisher geworden. Vor allem, da sie nur selten wirklich monetarisiert werden können und der Endpreis sich kaum verändert hat.

Aber alles halb so wild, schließlich wächst der Markt doch. Oder vielleicht nicht? Werfen wir einmal einen gesonderten Blick auf Wikipedia und die Konsolen. Und noch spezieller auf die sogenannten „Big Three“, bestehend aus Nintendo, Microsoft und Sony. Es dürfte wohl jedem klar sein, dass die aktuelle Generation hinsichtlich der Verkäufe von der Playstation 4 nicht nur bestimmt, sondern regelrecht dominiert wurde. Außerdem konnten auch einige Singleplayertitel Millionenumsätze generieren und ergänzten den Erfolg der PS4 im Onlinebreich. Das wirkt sich auf die Verkaufszahlen aus. Stolze 106 Millionen Konsolen konnte Sony an den Mann bringen. Damit ist sie die vierterfolgreichste Gaminghardware aller Zeiten. Das klingt zunächst positiv, bedeutet aber gleichzeitig, dass die Charts immer noch von der Playstation 2 mit über 155 Millionen verkaufen Konsolen angeführt werden. Eine Konsole, die wohlgemerkt bereits im Jahr 2000 auf den Markt kam. Seit zwanzig Jahren gab es also keine neuen Rekorde und keine neuen Höhenflüge. Seit zwanzig Jahren ist die (Konsolen-)Playerbase also nahezu konstant, wenn nicht sogar zurückgegangen. Das Gaming-Wachstum ist da, nur eben nicht dort, wo es eigentlich sein sollte. Und auch der PC wird als Spieleplattform laut neuesten Zahlen von Game.de immer unbeliebter.

Was bleibt, sind eine wachsende Zahl an Smartphone-Nutzern, im besten Fall stagnierende Konsolenspielerzahlen und fallende PC-Spielerzahlen, bei nahezu gleichbleibenden Preisen für Games.

©JESHOOTS.COM

  1. Die Spieler

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Ein Argument das eindeutig gegen eine Preiserhöhung spricht, ist der Spieler selbst. Ganz realistisch betratet: wenn etwas mehr kostet, wird es für einen Teil unattraktiver. Je höher der Preis, umso höher der Anteil der Spieler, für die es unattraktiver oder schlichtweg nicht bezahlbar wird. Das Letzte, was Entwickler und Publisher wollen, ist die Spieler zu verschrecken. Hier hat man schlicht den Moment verpasst, die Spielerschaft langsam zu „erziehen“. Wenn mehrere Jahrzehnte der Preis nahezu gleich bleibt, dann ist jede Erhöhung zu drastisch und abschreckend. Teurere Games würden die Basis also nur noch weiter dezimieren.

Fazit:

Was ist zu tun? Irgendwie sollten fleißige Entwickler ja belohnt und die Kosten getragen werden. Wenn die Basis an Gamern gleichzeitig kleiner wird, muss das kompensiert werden. Sollten Spiele in der Folge teurer werden? Nein! Denn auch wenn Entwicklungskosten steigen, die Hardwarebasis für AAA-Titel sinkt, so sind es weiterhin die Nutzer, die Spieler, welche über jeden Erfolg und Misserfolg bestimmen. Und genau um die muss sich gekümmert werden. Spiele sollten nicht teurer, aber anders aufgestellt werden. Im Grunde ist nichts gegen DLC, Seasons-Pass, Vorbestellerbonus oder Ingame-Shops zu sagen, solang sie fair bleiben. Doch viel wichtiger: Das Grundspiel sollte in seiner Form von allen diesen Sachen unangetastet bleiben. Genau diese Dinge sind es schließlich, die Videospiele retten können, aber an denen große Publisher auch immer scheitern. Es kann nicht sein, dass User erst dann das komplette Spiel erhalten, wenn sie die „Gold-Edition“ kaufen. Spieler sollten nicht das Gefühl haben, etwas zu verpassen, wenn sie keinen Season-Pass haben oder keine DLCs kaufen. Sie sollten das sein, was sie eigentlich sind: Boni. Für gute, aber nicht spielentscheidende Features geben Fans auch gern mehr Geld aus. Aber von so einer Fairness, sind wir bei vielen Titeln noch weit entfernt – leider.

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