Streaming-Plattformen für Videospiele konnten im Verlauf der letzten Jahre ein riesiges Wachstum verzeichnen. Sie dienen hauptsächlich der Unterhaltung, haben aber gleichzeitig massiven Einfluss auf die Videospielbranche. Wir beleuchten, welche Auswirkungen das hat, welche Möglichkeiten sich dadurch eröffnen und wo die Probleme liegen.
Wo einst das Gameplay im Fokus war und Leuten einfach wegen ihrer Gaming-Künste zugeschaut wurde, stehen nun bekannte Persönlichkeiten mit riesigen Fangemeinden. Beim Zocken sehen teilweise Zehntausende, gar Hunderttausende Menschen gleichzeitig zu und erleben Videospiele aus Sicht der Streamer und Streamerinnen. Content Creator treffen zusammen, setzen Trends und dirigieren damit die Videospielindustrie – wenn auch nicht immer bewusst.
Auswirkungen von Streaming-Trends
Was geschaut wird, wird in der Regel auch gespielt – so haben Streamer und Streamerinnen immensen Einfluss auf den Erfolg von Games. Wenn sie das Spiel bei einer Liveübertragung einem großen Publikum präsentieren, macht sich das in den Spieler- und Verkaufszahlen bemerkbar. Einige Spiele erreichten so Bekanntheitsgrade, die die Entwickler nicht einmal in ihren kühnsten Träumen erwartet hätten. Wir denken dabei an Among Us oder Phasmophobia – Games, hinter denen kleine Indie-Entwickler stehen. Streaming-Trends sei Dank, können diese Titel Meilensteine verbuchen, die locker mit AAA-Spielen vergleichbar sind.
Ein weiteres aktuelles Beispiel liefert das starke Wachstum des MMORPGs Final Fantasy XIV. Nachdem der größte Konkurrent World of Warcraft mit seinen Updates und Erweiterungen enttäuschte, zog es Spieler in die Welt von Final Fantasy. Zwar war diese Entwicklung ohnehin schon zu bemerken, doch die Umschichtung der Spielergemeinde wurde durch ein weiteres Ereignis maßgeblich verstärkt – und ausnahmsweise ist nicht von der Klage gegen Blizzard die Rede. Viele Content Creator, die sich bisher auf World of Warcraft fokussierten, gaben dem Konkurrenten eine Chance, streamten ihre ersten Eindrücke, fanden Gefallen am Spiel und lösten damit einen riesigen Hype aus. Final Fantasy XIV, ein Spiel mit bereits mehr als zehn Jahren auf dem Buckel, kann sich nun kaum vor neuen Spielern retten und kämpft mit überlasteten Servern.
Selbstverständlich funktioniert das in umgekehrter Weise genauso. Das Spiel gefällt nicht und die Kritik wird an die Zuschauer weitergegeben, die einen negativen Ersteindruck erhalten. So sind Streams zu einer Alternative zu herkömmlichen Rezensionen geworden und bieten dabei einen entscheidenden Vorteil: Wir können die Beurteilung des Spiels gleich mit den dazugehörigen Gameplay-Szenen verbinden.
Streams als Marketinginstrument
Das riesige Potenzial der Streaming-Plattformen versuchen sich Publisher und Entwickler längst zunutze zu machen. Sowohl bei Neuerscheinungen als auch bei umfangreichen Updates werden bekannte Content Creator redlich dafür entlohnt, das Game ihrer Fanbase zu präsentieren und damit das Interesse anzukurbeln.
Zwar müssen sie solche Streams eindeutig als Werbung kennzeichnen, was allerdings in den Verträgen gefordert wird, können wir als Zuschauer nicht wissen. Soll das Spiel nur gezeigt werden oder steckt noch mehr dahinter? Spätestens wenn Vertragsklauseln das Ausüben von Kritik unterbinden, entwickeln sich gesponserte Streams zu einem Problem. Die vorgegebenen Phrasen, die dann runtergerattert werden, haben mit dem tatsächlichen Produkt nur wenig gemeinsam. Offensichtliche Probleme werden gekonnt ignoriert und wir bekommen ein verfälschtes Bild vermittelt. Als Konsument ist also Vorsicht geboten.
Spieleentwicklung mit Gaming-Streams im Hinterkopf
Auch an den Entwicklern gehen Streaming-Plattformen nicht vorbei, was sich in neuen Titeln durchaus bemerkbar macht. Ein Beispiel stellt das von Ubisoft entwickelte Hyper Scape dar, ein Battle Royale mit zusätzlichen Funktionen speziell fürs Streaming. Battle-Pass-Punkte beim Zuschauen sammeln, direkt dem Squad des Streamers beitreten oder gar über Events abstimmen, die die Matches in Echtzeit beeinflussen – alles Möglichkeiten, die uns offenstehen.
Nachdem Amazon, Besitzer von der Streaming-Plattform Twitch, mit den Amazon Game Studios nun auch als Spieleentwickler und Publisher tätig ist, werden wir in Zukunft vermutlich noch mehr Features dieser Art wahrnehmen. Der Release von New World steht vor der Tür und wie wir in der Open Beta bereits bemerkten, spielt die Twitch-Integration ebenfalls eine Rolle. Spieler können beispielsweise ihren Stream direkt verlinken, sich so kenntlich machen und zusammen mit der Community zocken.
Die Auswirkungen der Streaming-Plattformen und Content Creator auf die Gaming-Industrie hat seine Licht- und Schattenseiten. Zum einen geben sie uns die Möglichkeit, sich über Spiele zu informieren, zum anderen können Publisher diesen Vorteil ausnutzen und mithilfe von gesponserten Liveübertragungen ein verfälschtes Bild vermitteln. Da das Streaming schon bei der Entwicklung der Spiele bedacht wird, bieten sich neue Möglichkeiten, mit seinen Lieblingsstreamern und -streamerinnen zu interagieren. Will aber jeder Entwickler nur noch dem nächsten Trend hinterherjagen, leiden darunter die Qualität und die Vielfalt.
Jetzt seid Ihr gefragt. Spürt Ihr den Einfluss des Streamings auf die Videospielbranche? Welche Vor- und Nachteile seht Ihr dabei? Zockt Ihr, was gerade beliebt ist oder macht Ihr Euer eigenes Ding? Teilt Eure Meinung mit uns auf Facebook!