Ihr seid kaum im Spiel angekommen und schon wieder tot? Tröstet Euch, Ihr seid mit Sicherheit nicht die Einzigen, die solche Erfahrungen bei dem ein oder anderen Game bereits erlebt haben. Klar, Versagen macht keinen Spaß und erst recht nicht, wenn das Scheitern zum scheinbaren Dauerzustand wird. Brutale Gegner, gnadenloser Zeitdruck und haarsträubende Rätsel sind dabei nur die Spitze des Eisberges. Denn so manch ein Game bringt uns der schieren Verzweiflung nahe.
Die Utopie eines Videogames
Ihr wollt „nur“ eine Runde daddeln und entspannen. Denn dafür sind doch Videospiele schließlich da, oder nicht? Schlendernd von Level zu Level bewältigt Ihr einen Feind nach dem anderen und rettet zu guter Letzt die Prinzessin aus den Klauen eines fiesen Drachens. Als geborener Held dürft Ihr Euch nicht nur der Gunst der holden Maid erfreuen, sondern auch auf Ruhm und Reichtum hoffen.
Doch Moment… war das nicht ein wenig zu einfach? Wo lag die Herausforderung und kann ich es wirklich auf Anhieb mit einer monströsen mythologischen Gestalt aufnehmen? Ihr ahnt mit Sicherheit, worauf wir hinauswollen. Videogames, die schlicht und ergreifend im ersten Anlauf zu meistern sind, verderben den Spielspaß, und zwar gehörig. Ein Sieg ohne Gegenwehr des Gegners schmeckt nicht annähernd so gut wie der bitter erkämpfte.
Das Paradoxon des Verlierens
Es klingt ironisch, ist es aber nicht: Scheitern ist die Basis eines jeden guten Videospiels. Erst wenn wir in den Missionen straucheln oder von einer feindlichen Monsterhorde niedergemetzelt werden, fühlen wir uns motiviert. Denn unser Feuer und Wille sind entfacht, beim nächsten Durchlauf zu triumphieren. Siegeswillig werfen wir uns wieder und wieder in das Schlachtgeschehen. Dabei erproben wir neue Strategien, testen unbekannte Fähigkeiten und entdecken ungeahntes Potenzial – in uns und unserem Helden.
Natürlich zerrt das ein oder andere Game gehörig an den Nerven. Wutausbrüche, Flüche und Frustration gehören zum Alltag des Gamers. Zugegeben: Nicht jedes Spiel muss so hart sein wie Dark Souls oder Bloodborne. Aber wer sich an einen solchen Titel heranwagt, weiß meist vorab, dass die Herausforderungen besonders hoch sind. Denn nur ein Bruchteil aller Spieler erreichen die 50-Prozent-Marke. Ausdauer, Geduld und eine gehörige Portion Können sind gefragt, um in Games à la Dark Souls zu bestehen.
Verlieren als Tugend
In anderen Titeln wie Deathloop gehört das Verlieren – besser gesagt, das Sterben – zum Spielprinzip. Der Gamer bzw. die Gamerin soll in Ruhe die Umgebung erkunden, Rätsel lösen, Hinweisen nachgehen und die Schwächen des Gegners entdecken. Dass der Spieler dabei mehrfach stirbt, wird bewusst in Kauf genommen und ist Teil der Spielmechanik. Denn mit jedem neuen Tag offenbaren sich Geheimnisse und Mysterien. Wer hier geradlinig einer Quest folgen möchte, muss sich mit dem Scheitern arrangieren.
Ähnlich verhält es sich in Watch Dogs: Legion, wo Ihr Euch eine eigene Hackergruppe aufbaut, deren Mitglieder Ihr direkt von der Straße rekrutiert. Wie im wahren Leben sind deren Fähigkeiten und Eigenschaften unterschiedlich stark ausgeprägt oder gar von Nutzen für Euch. Während sich einige Rekruten lediglich zum Infiltrieren eignen, bestechen andere mit ihrer durchschlagenden Feuerkraft. Welcher Spielcharakter am erfolgversprechendsten ist, wisst Ihr eher selten zu Missionsbeginn. Ein Neustart ist häufiger vorprogrammiert. Was aber keineswegs dem Spielspaß im Wege steht.
Denn mit jedem Charakter entdeckt Ihr neue Herangehensweisen und Lösungswege, sodass das Verlieren vielleicht kurzzeitig schmerzt, aber keinesfalls dauerhaft frustriert.
Der gesunde Weg des Scheiterns
Videospiele lehren uns folglich eine wichtige Eigenschaft, die wir in der Realität nur schwer ertragen: das Scheitern. Ob im Sport, in der Schule und der Universität oder auf persönlicher Ebene – Niederlagen gehören zum Leben dazu. Erst durch sie lernen wir, das Erreichte zu schätzen und empfinden Stolz für unsere Leistungen. Wer sich im Spiel von Rückschlägen nicht zermürben lässt, sondern stattdessen weiter trainiert und seine Fähigkeiten ausbaut, wird dies wohl auch im wahren Leben praktizieren.
Einen Easy-Mode gibt es in der Wirklichkeit nicht, ebenso wenig wie in Dark Souls oder Bloodborne. Entweder wir stellen uns der Herausforderung oder wir kapitulieren. Wofür entscheidet Ihr Euch? Welches Spiel hat Euch in jüngster Vergangenheit zur Verzweiflung gebracht und welchen Weg habt Ihr gewählt? Teilt uns Eure Meinung auf Facebook mit!