Es ist jedes Jahr dieselbe Leier: Viel zu sehen gibt es an den Zuschauertagen der Gamescom eigentlich nicht und im Grunde ist ein Besuch der Messe vor allem anstrengend. Und trotzdem zieht es jährlich hunderttausende Besucher nach Köln. Warum eigentlich?
Volle Gänge, Currywurst mit Pommes für schlappe 7,90 €, Wartezeiten von bis zu vier Stunden und zum Zocken kommt man auf der größten Zockermesse der Welt wegen des Andrangs eigentlich auch nie. Die Liste der Gründe, die gegen einen Besuch der Gamescom sprechen, ließe sich noch unendlich fortführen und auch in Foren liest man häufig, dass zahlreiche Spieler im Grunde keinen Bock mehr auf die Messe haben. Wenn man sich aber die langsam voranschreitenden Massen in den Hallen und Zwischengängen ansieht, mag man das kaum glauben. Auch die Besucher selbst scheinen all die Negativmeinungen nur wenig zu beeindrucken. Kaum einer verzieht hier das Gesicht und alle scheinen Spaß zu haben.
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Genau deswegen haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, dem Ganzen mal auf den Grund zu gehen und haben uns mit ein paar Besuchern unterhalten (während eines Pausen-Kaffees für läppische 3,50 €). Da wäre zum Beispiel Christoph (27), der extra aus Kiel kam, um die Messe zu besuchen. Es ist auch nicht seine erste Messe, wie er mir verrät. Seit vier Jahren schon zieht es ihn jährlich auf die Gamescom. Auch er weiß von all den Negativdingen, die man auf der Messe in Kauf nehmen muss. Aber davon lässt er sich nicht abhalten. Ihm geht es vor allem um die Atmosphäre, die einem hier geboten wird. „Jeder ist aus dem gleichem Grund hier und niemand muss sich hier für sein Hobby schämen oder es erklären.“ Und es stimmt, das Gefühl einer Community anzugehören und sich austauschen zu können, übt schon einen gewissen Reiz aus und schafft eine gemeinschaftliche Atmosphäre.
Und dann war da doch noch Cosplayerin Nadja (26), die sich dieses Jahr als „League of Legends“-Figur Katarina verkleidet hatte. Sie kommt hauptsächlich wegen den ganzen Cosplayer und der Merchandise-Halle zur Messe. Dabei verriet sie auch ganz offen, dass sie mit Gaming eigentlich nicht so viel am Hut hat, sondern dass sie mehrere Messen besucht, um sich in verschiedensten Kostümen ausleben zu können. „Cosplayer sind sehr eigen und manchmal auch ein wenig zu stolz auf ihre Kostüme, aber es macht mir einfach Spaß, jede Menge Arbeit zu investieren und diese dann zu präsentieren. Das viele Lob, der Kontakt mit den Fans und die gemeinsamen Fotos sind genau das, warum ich immer wieder gern hierher komme“. Cosplay ist in der Tat eine kleine Subkultur geworden. Im Grunde scheint es ihnen wirklich nur um die Aufmerksamkeit zu gehen und nicht ums Gaming. Stören tut sich daran aber niemand und einen gewissen Wow-Faktor kann man einigen Arbeiten in der Tat nicht absprechen. Mein persönliches Highlight bisher war übrigens ein Typ in einem äußerst klobigen, aber verdammt detailreichen Power-Armor („Fallout“).
Unterhalten haben wir uns außerdem mit einem sehr netten Herren, der für Wargaming arbeitet und lieber nicht namentlich genannt werden will. Er, nunja, er ist nur zum Arbeiten hier und hat wohl auch den wenigsten Spaß von allen auf der Messe. Kein Wunder, muss er schließlich acht Stunden am Stand stehen und wahrscheinlich immer wieder das gleiche erzählen. Dennoch verriet er uns, dass es ihn erfreut, wenn er die Faszination in den Augen der Besucher sieht, die „sein“ Spiel zocken wollen. Es scheint nicht viel zu sein, aber wir können ihn irgendwie verstehen. Fan von etwas sein heißt auch, dass man es mit anderen teilen kann.
Und genau das ist wohl auch einer der Hauptgründe für uns, jedes Jahr aufs Neue den gleichen Stress zu erdulden. Gamer sind Fans, doch technikbedingt normalerweise eher digital unterwegs. Gleichgesinnte an einem Ort zu haben, die gleichen Titel und viel zu lauten Präsentationen abzufeiern und sich zustimmend zunicken, wenn man sich mal anrempelt, das ist ein besonderes Feeling, das man kaum woanders so findet. Es macht Spaß, Teil dieser Community zu sein und wird uns bestimmt auch noch ein paar Jahre mehr Spaß machen und deswegen werden wir uns die Gamescom garantiert auch 2020 wieder „antun“.